Immobilien-Boom und kein Ende in Sicht

Es braucht keine hellseherischen Fähigkeiten, um vorherzusagen, dass die Preise am Schweizer Immobilienmarkt auch im kommenden Jahr hoch bleiben. Ein knappes Angebot trifft auf eine riesige Nachfrage.

Rekordhohe Preissteigerungen bei Wohneigentum und ein in den städtischen Zentren weiter angespannter Mietmarkt haben in den letzten Monaten die Furcht vor einer Schweizer Immobilien-Blase geschürt. Doch der vermeintliche «Bubble» hat sich bisher eher als ein massives Fundament aus Beton erwiesen.

Denn die Preise in einem freien Markt werden von Angebot und Nachfrage regiert, lautet eine der Kernregeln der Wirtschaftswissenschaften. Und wer die Entwicklung im Schweizer Markt für Eigenheime, Stockwerkeigentum, Ferienwohnungen und Wohnungsmieten nach diesen Gesichtspunkten bewertet, muss auch für das kommende Jahr mit einem klaren Nachfrageüberhang rechnen.

Vom Einkommen entkoppelt

Zwar kann es in einigen Marktsegmenten oder Regionen auch einmal Preisrückgänge geben. Das wirtschaftliche Umfeld mit Konjunkturwachstum und niedrigen Zinsen, die demografische Entwicklung und die dünne Pipeline an Neubauprojekten sprechen aber für den Trend nach oben. So haben in den vergangenen zwölf Monaten die Preise für Eigenheime im Schnitt um 5,8 Prozent zugelegt, die für Wohneigentum insgesamt um 5,5 Prozent. Allerdings haben sich diese damit von der Einkommensentwicklung klar abgekoppelt.

Die Latte liegt immer höher

Ein Nebeneffekt ist, dass sich immer weniger Menschen den Kauf von Eigentum leisten können. Die Hürden werden zu hoch. Der mittelständische Traum vom Eigenheim ist zum Opfer einer ultraexpansiven Geldpolitik, einer restriktiven Raumplanung und eines regulatorischen Umfelds mit singulärem Fokus auf Finanzmarktstabilität geworden. 

Ketzerisch könnte man heute sagen, dass auch im Immobilienmarkt die «3G Regel» zur Anwendung kommt. Wohneigentum kann sich noch leisten wer Geld «geerbt, gewonnen oder gestohlen» hat.

So würden etwa bei den Neuabschlüssen knapp die Hälfte der Hypothekarnehmer bei einem kalkulatorischen Zinssatz von 4 bis 5 Prozent die Tragfähigkeits-Kriterien nicht mehr erfüllen. Die Hypozinsen machen teils mehr als ein Drittel der Einkommen aus.

Trotzdem rechnen die Experten nicht damit, dass der schrumpfende Kreis möglicher Käufer zu einem Preisrückgang führen werde. Eine Verlangsamung des Anstiegs sei eher wahrscheinlich. So erwartet die UBS, dass sich die Wachstumsrate von zuletzt rund 6 Prozent im Jahr 2022 halbieren wird. Das Risiko eines grösseren Preiseinbruchs sei derweil überschaubar.

Flächen verzweifelt gesucht

Auf der Angebotsseite wirkt auch das knappe Gut Bauland als Preistreiber. Der Rückgang bei den Baugesuchen und Baubewilligungen für Mietwohnungs-Liegenschaften etwa wird auf den Mangel an Flächen zurückgeführt. Eine Abhilfe hier könnten weitere Schritte zu Verdichtung in den Innenstädten, bei den Gemeinden in der Agglomeration und den ländlichen Gebieten sowie beim Ausweisen von Bauland sein. Darüber müsste in der Schweiz ein politischer Diskurs geführt werden. Das rigid gehandhabte Raumplanungsgesetz verknappe das Bauland, was die Bodenpreise anheize. Verdichtetes Bauen sollte deshalb noch stärker gefördert werden, damit das Angebot an Eigenheimen erhöht und somit der Aufwärtstrend der Preise gebremst werden kann.

Verschiebungen durch Corona

Die Corona-Pandemie hat am Schweizer Immobilienmarkt für eine Reihe von Verschiebungen gesorgt. So ging etwa die Leerstands-Quote bei Mietwohnungen im ländlichen Raum zurück. Die Pandemie und das Leben und Arbeiten im Homeoffice habe bei vielen Menschen das Bedürfnis nach mehr Platz gesteigert. Gleichzeitig ist der Faktor Nähe zum Arbeitsplatz und dem urbanen Leben weniger wichtig geworden. Durch die neuen Möglichkeiten des flexiblen Arbeitens würden die Menschen auch längere Strecken in Kauf nehmen. Ein weitere klartet Profiteur war der Markt für Ferienwohnungen. Neben dem Homeoffice hätten hier auch Corona-bedingten Reisebeschränkungen ins Ausland die Nachfrage klar befeuert.